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POPSCENE Juni 06/22

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QUEER VON SODOM UND

QUEER VON SODOM UND ANDEREN BIBLISCHEN TEXTEN HOMOSEXUALITÄT IN DEN VERSCHIEDENEN KONFESSIONEN Die scheinbar kritische oder ablehnende Haltung der verschiedenen christlichen Konfessionen, aber auch des Judentums und des Islam beruhen teilweise auf denselben Texten, die in der Bibel, der Tanach, d.h. der jüdischen Bibel, und des Korans zu finden sind. Da ist vor allem die Geschichte der Stadt Sodom, die uns in der Bibel im 1. Buch Mose (Genesis) im 19. Kapitel erzählt wird, im Koran in mehreren Suren (7,80-81; 11,77- 79; 15,67-72; 26,165-166; 27,54-55;29,28-29). Die Geschichte: Gott schickt zwei Engel nach Sodom, um deren Bewohnern sein Urteil über die sündigen Städte Sodom und Gomorra mitzuteilen. Während die Boten bei Lot einkehren, versammeln sich die Männer von Sodom vor Lots Haus, um ihn zu zwingen, die Boten herauszugeben, um sie „zu erkennen“, der biblische Ausdruck von Sex zu haben“. Jahrhundertelang hießen daher Homosexuelle „Sodomiten“. Denn der Begriff der „Homosexualität“ wurde das erste Mal 1869 von dem Schriftsteller Karl Maria Benkert (1824-1882) benutzt. Weitere Stellen gibt es nur in der Bibel. Zum einen in der jüdischen Bibel und dem sog. Alten Testament der Christen. Im 3. Buch Mose (Leviticus) heißt es im 18. Kapitel, Vers 22 und 20. Kapitel, Vers 13 fast gleichlautend: „Wenn ein Mann bei einem Mann liegt, wie bei einer Frau, so haben sie getan, was ein Gräuel ist.“ Hierbei ist zu beachten, dass zum einen hier von Analverkehr die Rede ist, und zweitens von Männern, die eigentlich heterosexuell sind. Denn von einer homosexuellen Veranlagung wusste man damals noch nichts. Im Buch „Richter“ findet sich im Kapitel 19, Verse 14-30 eine Parallelgeschichte wie die von Sodom, dass auch Männer am Haus eines Mannes in Gibea sich versammeln, um dessen Gast zu vergewaltigen. Ein ganz wichtiger Text ist noch in dem Buch der Weisheit, das in der jüdischen Bibel nicht vorkommt, und daher in den Kirchen der Reformation nicht als kanonisch, sondern apokryph angesehen wird. Da wird im 14. Kapitel, Vers 26 das erste Mal die „widernatürliche Unzucht“ für homosexuelles Verhalten genannt. 24 QUEER

Im Neuen Testament sind es die Briefe, die dem Apostel Paulus zugeschrieben werden. Denn von Jesus sind keine Aussagen zu dem Thema bekannt. Der wichtigste Text bei Paulus steht im Brief an die Römer 1,26 ff. Hier wird, wie schon im Alten Testament, homosexuelles Verhalten als Folge der Ablehnung Gottes gesehen. „Darum hat sie Gott dahingegeben in schändliche Leidenschaften; denn ihre Frauen haben den natürlichen Verkehr vertauscht mit dem widernatürlichen; desgleichen haben auch die Männer den natürlichen Verkehr mit den Frauen verlassen und sind in Begierde zueinander entbrannt...“ Dieses „widernatürlich“ hat sich durchgezogen, wobei wir inzwischen durch die Humanwissenschaften wissen, dass gerade das homosexuelle Verhalten homosexuell Empfindender ihrer Natur entspricht. Im Brief an die Korinther, 6,9-10 und in dem Brief an Timotheus1, 8-10 wird homosexuelles Verhalten in den sog. Lasterkatalogen erwähnt. Paulus argumentiert hier auch gegen das griechische Umfeld, dass die Päderastie teilweise akzeptierte. Jahrhundertelang haben die christlichen Kirchen diese Texte wörtlich genommen, bis sich die Exegese der Texte historisch-kritisch angenommen hat und feststellte, dass die bisherige Lesart der Texte falsch ist. So haben sich die Kirchen nach und nach in ihrer Wertung der Homosexualität ändern müssen. Das begann zuerst mehr in der Evangelischen Kirche seit Ende der 1960er Jahre. Vor allem in den USA und den Niederlanden entstanden erste Versuche, eine neue Sicht biblischer Stellen zu erarbeiten. Inzwischen ist in den Evangelischen Kirchen Homosexualität akzeptiert. Schwule und lesbische Paare werden gesegnet und es gibt schwule Pfarrer und lesbische Pfarrerinnen - mit Ausnahme der konservativen Freikirchen. In der katholischen Kirche ist schon länger ein Prozess der Akzeptanz im Gange. Viele Bücher sind dazu geschrieben worden. Im Rahmen des sog. Synodalen Weges, bei der auch Betroffene gehört werden, ist man auf dem Weg zu einer neuen Sicht der Sexualität. Manche Gemeinden haben sich für die Segnung homosexueller Paare ausgesprochen. In vielen Bistümern gibt es inzwischen Beauftrage zu dem Thema, teilweise auch entsprechende Gruppen, denen auch Betroffene angehören. 25 Autor: Thomas Wagner, Diplomtheologe. Geboren 1948, aufgewachsen in verschiedenen Städten wie Trier, Berlin, Wiesbaden, Klosterschule, Studium der katholische Theologie an der Phil-Theol. Hochschule St. Georgen in Frankfurt, 1978 Diplomarbeit zum Thema Homopastoral. Seit 1983 in Saarbrücken. Mitglied der ökumenischen Arbeitsgruppe „Homosexuelle und Kirche“ (HuK) und verschiedener anderer Gruppen. Literatur: Bauer/Höcker/Homolka/Mertes: Religion und Homosexualität. Aktuelle Positionen, hirschfeldlectures Bd. 3, Göttingen 2013; Carolin Küppers/Martin Schneider(Hg): Zwischen Annäherung und Abgrenzung. Religion und LSBTIQ*in gesellschaftlicher Debatte und persönlichem Erleben, Edition Waldschlösschen Bd. 8, Berlin 2021; Stephan Goertz(Hg.): „Wer bin ich, ihn zu verurteilen?“. Homosexualität und katholische Kirche, Freiburg 2015; Brinkschröder/Ehebrecht-Zumsande/Gräwe/Mönkebüscher/Werner (Hg.): Out in Church. Für eine Kirche ohne Angst, Freiburg 2022. Text: Thomas Wagner | Bild: Bert Romann QUEER

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