IGGY POP IMMER NOCH RELEVANT NIDARE AUS DER TIEFEN SCHWÄRZE MUSIK-TIPP „Fuck the Regency“, schreit er im letzten Song seines neuen Albums „Every Loser“. Die Musik in „The Regency“ ist nicht richtig hart, noch kantig oder punkig, aber bestimmend. Iggy Pop ist mittlerweile 75 Jahre alt. Der Mann hat schon einiges erlebt. Und dass er nicht mehr so maßlos wild und stürmisch klingt wie in seinen jungen Jahren, das darf man nicht erwarten. Was nicht heißen soll, seine Musik sei im Jahr 2023 belanglos geworden. Okay, sie ist massenkompatibler (oder stadionrocktauglicher?), wenn man etwa „New Atlantis“ als Referenz heranzieht, aber sie hat immer noch Relevanz. Produziert wurde das Album von Andrew Watt (Post Malone, Elton John, Miley Cyrus), bei dessen Label Gold Tooth Records das Album auch erscheint und von Atlantic lizenziert wurde. Dass der charterfahrene Watt Iggys Songs nicht weichgespült hat, dürfte etwa mit dem wilden, rockigen „Modern Day Ripp Off“ oder „Neo Punk“ jedem klar werden - zwei Highlights auf diesem Album. Kurzum: Wer Iggys BBC 6 Music-Radiosendung verfolgt, wird seinen eklektischen Geschmack kennen. Das spiegelt sich eins-zueins auf diesem facettenreichen Album wider. Iggy Pop„Every Loser“ (Atlantic/Warner) iggypop.com Text: Kai Florian Becker | Bild: Gold Tooth Records MUSIK-TIPP Dieser Stil wurde Post-Black Metal getauft. Das heißt, dass Black Metal-Puristen (im musikalischen, nicht im ideologischen oder politischen Sinne!) teilweise die Nase rümpfen könnten. Der Sound ist nicht trashig, sondern top, so dass alle Elemente herauszuhören sind, das Schlagzeug poltert nicht, die Songs sind aufgrund der Melodien eingängig (Frevel!), es gibt gar Anflüge von Postrock in einem Song namens „Shilhouette“ und es wird auf Deutsch geschrien. Ja, die Berliner Band Nidare, deren Mitglieder man von Ancst, Henry Fonda, Ast, Chambers, Afterlife Kids, rýr oder Youth Cult kennen könnte, liefert den Puristen genügend Gründe, ihren Weg nicht mitzugehen. Wer etwas aufgeschlossener ist, den erwartet ein brillantes Album tief aus der Schwärze des musikalischen Raums. Jeder Song behandelt übrigens die Geschichte eines bestimmten Menschen bzw. dessen Lebensweg, daher ist der Albumtitel auch nicht trotzig zu verstehen: Das Album handelt eben von (den) Wegen dieser Personen. Nidare „Von Wegen“ (Indigo) nidare.bandcamp.com Text: Kai Florian Becker | Bild: Through Love Records 28 TIPPS
RIPPED TO SHREDS OLD SCHOOL-GEBOLLER SHITNEY BEERS FLEISSIG UND VIELSEITIG MUSIK-TIPP Aus der Thrash Metal-Hochburg der Bay Area in San Francisco kommen Ripped To Shreds. Die Band fing als Soloprojekt von Andrew Lee an. Mittlerweile ist eine vierköpfige Band um den asiatisch stämmigen Sänger und Gitarristen entstanden. Nach den Alben „Mai- Zang“ (2018) und „Luan“ (2020) ist „(Jubian)“ nun schon das dritte Werk der Death Metaller. Ihr Sound ist eine Schnittmenge aus Old School-Death Metal aus Schweden und Florida. Rasantes Riffing mit Thrash Metal-Einflüssen, Grind- und Blastspeed-Attacken, viele Breaks, Gitarrensoli, Moshparts und ein herrliches Grunzen des Bandgründers. „So wie die Welt sich in den letzten drei Jahren darstellte, hatte ich Bilder vom Untergang der Welt, der Auslöschung der Erde, im Kopf - aber in einem zeitgenössischen Sinn. Nichts Biblisches“, sagt Lee über das Szenario, in dem das Album entstand. Dessen Cover ziert übrigens eine stilrechte Zeichnung des chinesischen Künstlers Guang Yang. Ripped To Shreds „(Jubian)“ (Membran) rippedtoshredsdeathmetal.bandcamp.com Text: Kai Florian Becker | Bild: Relapse Records MUSIK-TIPP Manche, wenige, Künstlerinnen und Künstler sind sehr flott. Die Singer-Songwriterin Shitney Beers beispielsweise. Im vergangenen Jahr erschien über das Hamburger Indielabel Zeitstrafe ihr Debütalbum „Welcome To Miami“, das sehr gut rezipiert wurde. Ihr Künstlername machte schnell die Runde. Mittlerweile steht sie bei einem anderen Hamburger Label unter Vertrag: Grand Hotel Van Cleef. Für dieses (und uns!) hat sie ihr zweites Album „This Is Pop“ aufgenommen. Kleiner ging es nicht in Sachen Betitelung. „This Is Pop“ ist ein Querschnitt durch ihre Palette an Singer-Songwriter-Stücken: vom fluffig-melancholischen Song „Peaches Style“, laut Protagonistin „eine Ode an bedeutungslosen Sex, an eine meiner vielen gescheiterten Beziehungen und eine Hommage an Peaches“ bis hin zu den intimen Folkballaden „Blue“ und „Friend“. Und dann gibt es da noch den Alternative Rock- Hit „Pop Queen“ und den Riot Grrrl-Ausbruch „HunSoLow“ (schönes Star Wars-Wortspiel!), die die Vielseitigkeit dieser spannenden Künstlerin unterstreichen. Shitney Beers „This Is Pop“ (Indigo) shitneybeers.bandcamp.com Text: Kai Florian Becker | Bild: Grand Hotel Van Cleef 29 TIPPS
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