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POPSCENE April 04/23

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Das total umsonste Popkulturmagazin im April 2023, diesmal mit DEPECHE MODE!

Wie kam es dazu? Gore:

Wie kam es dazu? Gore: Ich glaube, es war im April 2020, als Richard mir schrieb und meinte „Ich glaube, wir sollten unbedingt mal was zusammen machen“. Ich dachte, warum eigentlich nicht, vielleicht kommt ja was dabei herum für ein Nebenprojekt oder so. Wir schickten uns gegenseitig Ideen, ich mochte seine Sachen wirklich super gerne, und irgendwann 2021 fragte ich ihn, was er davon hielte, wenn ich unsere Songs für Depeche Mode nutze. Richard war von der Idee sehr angetan. Es gibt mit „Wagging Tongue“ sogar einen gemeinsamen Gore-Gahan-Song auf „Memento Mori“. Gahan: Genau, der allererste von uns beiden, der es je auf ein Album geschafft hat. Ich fühlte schon früh, dass wir hier richtig gut den Ton getroffen haben. Gore: Die Melodie ist exzellent, und der ganze Song hat etwas Berauschendes. Er ist positiv, er ist Pop, aber er ist auch nicht zu sehr Pop. Kann man sagen, dass der Tod schon von Anfang an ein prägendes Thema für Depeche Mode gewesen? Gore: Wir neigen schon zur dunklen Seite, zum Melancholischen, manchmal Morbiden. Dieses Mal allerdings war der Tod, war das Sterben, allgegenwärtiger. Die 60 war wie gesagt ein Weckruf, der mich nicht unberührt gelassen hat. Und es hat mich auch mitgenommen, wie vor allem zu Anfang der Pandemie die Toten praktisch per Liveticker gezählt wurden. 6 Dave, du wärst ein paar Mal fast tot gewesen. In deiner Patientenakte stehen unter anderem ein Suizidversuch, ein Herzstillstand nach Drogenüberdosis und ein Blasentumor. Stehst du dem Leben anders gegenüber, wenn du mit dem Tod bereits intim warst? Gahan: Ab und zu ertappe ich mich dabei, dass mir der Gedanke an mein Ende durch den Kopf geht. Ich weiß nicht, wann das sein wird, oder wie, oder warum. Ich hoffe sehr, der Tod holt mich nicht so bald. Denn ich liebe mein Leben, meine Frau, unsere mittlerweile erwachsenen Kinder, die Freunde, unsere Katzen. Es macht mich glücklich, mit denen zusammen zu sein. Und ich brauche gar nicht viel. Ich liebe schöne Abende bei gutem Essen und guten Unterhaltungen. Mit 30 wäre ich stattdessen immer auf der Suche nach der nächsten Ekstase, der nächsten Eskalation gewesen. Mit 60 blicke ich voller Dankbarkeit auf mein Leben und die kleinen Freuden des Alltags. Wie zum Beispiel? Gahan: Spaziergänge am menschenleeren Strand der Hamptons, wo wir ein Ferienhaus haben, am liebsten im Winter. Am 26. Mai 2022, mitten in der Albumproduktion, starb urplötzlich euer Keyboarder Andrew Fletcher an einem Riss der Hauptschlagader. Wie habt ihr auf den Schock und den Verlust reagiert? Gore: Mit Entsetzen. Niemand hat das kommen sehen. Gore: In der ersten Phase ging es nur darum, zu funktionieren. Dabei hat uns die Arbeit sehr geholfen. Wir haben weiter gemacht mit „Memento Mori“, unsere Gehirne irgendwie beschäftigt gehalten, uns betäubt. Stand die Band als solche zur Debatte? Gore: Nein, ich rief Dave an und sagte zu ihm: „Wir sollten weitermachen, oder?“ Dave stimmte mir sofort zu, es gab in diesem Punkt keine zwei Meinungen. Wir waren froh, dass wir die Musik hatten. Mental war es wichtig, uns auf Depeche Mode fokussieren zu können. Gahan: Aber durch Andys Tod ist nichts mehr, wie es war. TITEL

Angefangen beim Offensichtlichen. Gahan: Es sind nur noch wir zwei übrig. Gore: Wir müssen ganz neu lernen, wie wir miteinander umgehen, miteinander arbeiten. (Pause). Die erste Fotosession mit Anton Corbijn, das erste Video mit Anton, das erste Mal zusammen im Probenraum – das ist anders, als es mit Andy war. Hat sich euer Verhältnis durch den Tod eures Freundes und Kollegen verändert? Gore: Ja. Wir sind immer noch dabei, herauszufinden, wie die Dinge zu zweit funktionieren. Dave und ich hatten nie so eine extrem enge Bindung, wir standen uns persönlich immer auch etwas reserviert gegenüber. Gahan: Wir hatten nie darüber gesprochen, was aus unserer Band wird, wenn einer von uns nicht mehr da ist. Nun ist jede Entscheidung, die wir treffen, eine Entscheidung von uns beiden. Das heißt, es gibt kein 2:1 mehr. Sondern wir haben keine andere Wahl, als strittige Fragen auszudiskutieren. Wir kommunizieren viel intensiver und einfach auch mehr als früher. Gore: Wir hatten uns zum Beispiel früher nie online unterhalten, jetzt machen wir das ständig. Und wir reden auch mehr über persönliche Dinge. „Wie geht es der Familie“, und solche Sachen. Das war früher auch nicht so alltäglich bei uns. Gahan: Ein bisschen ist es so, als würden wir uns nach mehr als vierzig Jahren gerade zum zweiten Mal kennenlernen. Welches ist der neueste Song auf „Memento Mori“? Gore: Das ist gleich der erste, „My Cosmos Is Mine“. Ich schrieb ihn kurz, nachdem Russland die Ukraine überfallen hatte. Ich dachte „Wieviel sollen wir denn noch ertragen? Was wird uns noch alles zugemutet?“ Und meine erste Reaktion war zu sagen: Ich ziehe mich in meine eigene kleine Welt zurück, lasst mich alle in Ruhe. In dem Song geht es darum, inmitten der Machtlosigkeit sein Innerstes zu schützen gegenüber den Stürmen der Welt und sich, zusammen mit seinem Liebsten, am liebsten irgendwo verkriechen zu wollen. Was natürlich kurzsichtig ist, denn wir müssen die Verantwortung für unsere Erde übernehmen, sonst werden wir bald alle nicht mehr hier sein. „Don’t Say You Love Me“ oder „Soul With Me“ haben die Anmutung von James-Bond- Titelsongs. Warum habt ihr eigentlich nie einen gemacht? Gore: Äh, wir sind nie gefragt worden. Ich weiß auch nicht, ob das unser Ding gewesen wäre. Vielleicht waren wir einfach nicht die Richtigen für diesen Job. Andere Songs klingen stark nach den klassischen Depeche Mode, will sagen: nach den Achtzigern. Ist das eine bewusste Rückbesinnung? Gore: Eine Reihe von Leuten, mit denen wir gesprochen haben, meint, dass „Memento Mori“ so klingt, als würden wir ein Stück zurück zu unseren Wurzeln gehen. Vielleicht ist da ein bisschen was dran. Jedes unserer Alben ist zugleich immer eine Kombination aus Ideen. Es ist einerseits sehr elektronisch, wir nutzen aber auch Gitarre, Bass und Schlagzeug, und auf einer Reihe von Songs haben wir Streicher eingesetzt, die für eine epische Atmosphäre sorgen. Niemand sollte jedoch glauben, dass wir vor einer Albumproduktion große Konzepte entwerfen. Wir schreiben Songs, wir nehmen sie auf, und dann klingen sie, wie sie klingen. Ich schwöre, es ist kein Hexenwerk (lacht). Das Jahr der Bandgründung ist 1980. Jetzt haben wir 2023. Blinzelt ihr gelegentlich schon bis zum 50. Dienstjubiläum nach vorne? Gahan: Unsere Lieder sind für mich Lebensbegleiter. Und diese Band ist es auch. Jetzt gerade müsste ich mich anstrengen, mir ein Leben ohne Depeche Mode vorzustellen. Aber frag‘ mich nach der Tour nochmal (lacht). Text: Steffen Rüth Bild: Anton Corbijn depechemode.com Großes Popscene Depeche Mode Special unter popscene.club

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