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Leseprobe Conte Verlag: Club der Romantiker - Frank P. Meyer

Für ein Treffen mit früheren Kommilitonen kehrt Peter Becker nach Oxford zurück. Doch der eigentliche Grund für seine Reise ist Laureen Mills Beerdigung. Als ihre Leiche jetzt, über zwei Jahrzehnte nach ihrem spurlosen Verschwinden, gefunden wird, erwartet niemand mehr ernsthaft die Aufklärung dieses Falles. Zur selben Zeit sind weitere Ehemalige in Oxford, die die College-Bibliothekarin kannten: Louise, Ed, Brandy Jones und der Bischof – allesamt Mitglieder im exklusiven »Club der Romantiker«. Inspector Osmer ahnt nichts von der Verbindung der Clubmitglieder zur Toten, und sein Vorgesetzter will, dass der alte und scheinbar unlösbare Fall endlich zu den Akten gelegt wird. Aber der Zufall und ein immer nervöser werdender Ex-Romantiker spielen dem Ermittler und seinem übereifrigen Sergeant in die Hände. Ein spannender und überraschender Roman vor und hinter den Kulissen des altehrwürdigen Oxford.

auch nicht nach Dublin,

auch nicht nach Dublin, sondern an die Westküste. Da hätte ich also schon Leute gekannt, die wiederum Leute kannten, und das hätte meine Eltern weniger verängstigt. Aber mein Professor erklärte mich für verrückt, als ich ihm eröffnete, ich wolle lieber das Stipendium am Dubliner Trinity College annehmen als das in Oxford. Für Beate machte es keinen Unterschied, ob ich nach Dublin oder Oxford ging. Mit ihr hatte ich unerfreuliche Diskussionen darüber, dass ich überhaupt länger als zwei Wochen ohne sie weg wollte. Nicht, dass sie auch nur einen Augenblick ernsthaft in Erwägung gezogen hätte, mitzugehen. Nicht um alles in der Welt hätte sie Primstal verlassen. Dann lieber mich. »Ist doch höchstens für zwei Jahre«, machte ich den kläglichen Versuch, die Streitereien zu beenden, »den Rest der Doktorarbeit schreibe ich dann hier fertig. Du wirst sehen, wie schnell …« aber ehrlich gesagt wollte ich, anders als Beate, nicht darüber nachdenken, was in zwei Jahren sein würde. Also Oxford. Mein Vater bot mir nicht an, beim Umzug zu helfen und ich bat ihn auch nicht darum. Wir wussten beide nicht, ob ich schon nach zwei Wochen wieder zurückkäme oder nie wieder. Deshalb gab er mir seinen alten, metallicgrünen Kadett Kombi mit. So wie früher Väter ihren Söhnen das Erbschwert mitgaben oder den Familiengaul oder was man sonst in der Fremde gebrauchen konnte. Natürlich war es auch eine gute Ausrede für ihn, sich nach zehn Jahren endlich selbst wieder einen neuen Wagen anschaffen zu dürfen. Aber ich bin sicher, er wollte mir – wenn sonst schon nichts – wenigstens ein Gefährt mitgeben, auf das Verlass war: den altgedienten Familiendiesel, an dem die schnöden englischen Rovers, Mini Coopers oder diese dreirädrigen Möchtegernautos zerschellten, falls ich mit den Straßenseiten einmal durcheinanderkommen sollte. — 6 —

Da ich eine Abendfähre gebucht hatte, fuhr ich am helllichten Tag los und machte gleich auf den ersten Kilometern einen Umweg über einen der Hügel, um einen letzten Blick auf das Tal zu werfen. Nach der Fährüberfahrt überhitzte schon kurz hinter Ashford der Motor. Unserem treuen Familiendiesel bekam offensichtlich die Inselluft nicht. Wäre er ein Gaul gewesen, hätte ich ihn erschießen müssen. Bei Maidstone fuhr ich von der Autobahn ab und war froh, dass ich mitten in der Nacht eine Werkstatt fand, in der noch Licht brannte. Wenige Sekunden, nachdem ich die Klingel gedrückt hatte, war der Werkstattbesitzer an der Tür. Er könne sowieso nicht schlafen, sagte er, bevor ich eine Entschuldigung zurechtstottern konnte. Er blickte in den bis unters Dach mit Kram vollgepackten Kadett, dann auf das Nummernschild und fragte, in welche Richtung ich unterwegs sei: nach Hause oder weg von dort. Ich sagte, dass ich zum Studieren nach England käme. Erwähnte nichts von einer Doktorarbeit und schon gar nichts von Oxford. Er fragte auch nicht weiter. »Schätze, du bist in der falschen Richtung unterwegs«, sagte er, »bei euch ist doch gerade richtig was los. Da geht’s jetzt bergauf. Mischt wieder ganz oben mit in der Weltpolitik und so.« Er sagte es ganz ruhig, ohne Groll. Er brauchte nicht lange, bis er die Stelle fand, wo das Kühlwasser austrat. Er wechselte einen Schlauch, bastelte an einem Ventil herum und meinte schließlich: »Jetzt geht’s wieder, zumindest für eine Weile.« Er berechnete mir nur die Materialkosten für den Schlauch und die nachgefüllte Kühlflüssigkeit, und bot mir einen Kaffee an. Während wir den tranken, erzählte er mir, dass sein Sohn wohl genau so alt sei wie ich. Zwei, drei Jahre jünger vielleicht. »Wo ist er?«, fragte ich und wunderte mich über mich selbst, dass ich das fragte. — 7 —

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