dom Ray. Haben noch nie von ihm gehört. Sie lächeln Becker freundlich zu. Natürlich ist Ray schon längst nicht mehr im College. Er muss schon Anfang der Neunziger an die 60 gewesen sein. Wer weiß, ob er überhaupt noch lebt. In der Porters’ Lodge erfährt Peter, dass im College selbst kein Zimmer mehr frei ist. Er muss mit einem Zimmer in der Ship Street vorliebnehmen. Von dort hat er einen direkten Blick auf die College-Bibliothek und auf das nördliche Eingangsportal. Auf dem Weg durchs College zur Ship Street bildet er sich ein, die steinernen Fratzen der Wasserspeier beäugten ihn argwöhnisch, so als ob sie ihn wiedererkennen und sich daran erinnern, was er damals getan hat. Er blättert in der Oxford Times, die er am Bahnhof gekauft hat, und überfliegt den kurzen Artikel, den er zur Beerdigung findet: »Leiche freigegeben, Beisetzung am Freitagnachmittag, 15 Uhr … University College übernimmt die Beerdigungskosten.« Nichts über polizeiliche Ermittlungen. Er will gar nicht wirklich wissen, was in letzter Zeit über den Fall berichtet worden ist. In der Beerdigungsankündigung steht nichts davon, was die Obduktion ergeben hat. Kann man eine fast 25 Jahre alte Leiche noch obduzieren? Es wird lediglich erwähnt, dass die Todesumstände noch immer ungeklärt seien. Aber die Kugel in Laureens Schädel werden sie doch wohl gefunden haben. Ob die Thames Valley Police noch an dem Fall dran ist? In den überregionalen Nachrichten hat Peter nichts über den Fall gehört. Er weiß überhaupt nur von Corvus’ Anruf, dass die Leiche gefunden wurde und dass morgen die Beerdigung stattfindet; von polizeilichen Ermittlungen hatte Corvus nichts gesagt. Falls doch noch welche im Gange sind, ist Peter Becker zur falschen Zeit am falschen Ort.
Frank P. Meyer Jahrgang 1962. Lebt in Primstal und Trier. Er studierte Anglistik, Germanistik und Niederländische Philologie in Trier und Oxford, war danach wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Hildesheim und ist heute Leiter der Studienberatung an der Universität Trier. Nach verschiedenen Veröffentlichungen als literarischer Übersetzer folgten ab 2005 zwei Erzählbände (»Raum 101« und »Es war mir ehrlich gesagt völlig egal«). 2012 erschien sein erster Roman: »Normal passiert da nichts«. Der zweite Roman, »Hammelzauber«, kam zur Leipziger Buchmesse 2016 heraus. 2012 war Frank P. Meyer Trierer Stadtschreiber. Die während dieser Zeit entstandenen Stadtschreiber-Kolumnen sind 2013 unter dem Titel »Zwangsgeranisierung« erschienen und wurden 2014 mit dem Saar-Hunsrück-Literaturpreis ausgezeichnet. © Elke Janssen — 15 —
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